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Argentinien - Chile - lange Rückreise(10)
Radreise in Patagonien mit 2 Kindern - Axel Bauer und Wibke Rassbach mit Smilla und SelmaRadreise in Patagonien mit 2 Kindern - Axel Bauer und Wibke Rassbach mit Smilla und SelmaRadreise in Patagonien mit 2 Kindern - Axel Bauer und Wibke Rassbach mit Smilla und SelmaRadreise in Patagonien mit 2 Kindern - Axel Bauer und Wibke Rassbach mit Smilla und SelmaRadreise in Patagonien mit 2 Kindern - Axel Bauer und Wibke Rassbach mit Smilla und SelmaRadreise in Patagonien mit 2 Kindern - Axel Bauer und Wibke Rassbach mit Smilla und SelmaRadreise in Patagonien mit 2 Kindern - Axel Bauer und Wibke Rassbach mit Smilla und SelmaRadreise in Patagonien mit 2 Kindern - Axel Bauer und Wibke Rassbach mit Smilla und SelmaRadreise in Patagonien mit 2 Kindern - Axel Bauer und Wibke Rassbach mit Smilla und SelmaRadreise in Patagonien mit 2 Kindern - Axel Bauer und Wibke Rassbach mit Smilla und SelmaRadreise in Patagonien mit 2 Kindern - Axel Bauer und Wibke Rassbach mit Smilla und SelmaRadreise in Patagonien mit 2 Kindern - Axel Bauer und Wibke Rassbach mit Smilla und Selma

Argentinien bis Chile - Mit 2 Kindern on tour

Teil 10: Lange zurück


(W.R.) Lange Rückreise Streng genommen beginnt unsere Rückreise in Cochrane, ganz im einsamen Süden Chiles, denn von hier an fahren wir Stück für Stück in Richtung Santiago. Es ist das erste Mal, dass wir wieder über Zeit nachdenken und längerfristig planen müssen, denn immerhin liegen noch 2500 km vor uns, die wir in den verbleibenden 4 Wochen unmöglich komplett radelnd bewältigen können. In Cochrane sehen wir uns gleich mit einem ernsthaften Problem konfrontiert. Eigentlich wollten wir den Bus bis Coyhaique nehmen und dann mit der Fähre in Richtung Norden fahren. Doch kein Bus will uns mitnehmen, denn hier auf der unasphaltierten, kurvenreichen Carretera Austral fahren nur kleine Bus mit wenig Gepäckraum. Mehrere Tage versuchen wir unser Glück: wir klappern die Busunternehmen ab, versuchen zu trampen und lassen sogar per regionalem Radio ausrufen, dass wir eine Mitfahrgelegenheit suchen. Schließlich findet sich ein Busunternehmer, der unsere Räder auf das Dach lädt und uns die sieben Stunden über die Holperpiste zurück zur Zivilisation nimmt. Uns allen ist speiübel, bis auf Selma - sie fühlt sich wie im Fahrradanhänger und ist allerbester Laune. Unsere Fähre haben wir leider verpasst. Sie fährt nur ein Mal pro Woche. Also nutzen wir die "freie" Woche, um bis zum nächsten Fährhafen zu radeln: Puerto Cisnes. Die Straße führt uns durch ein Patagonien, welches wir bisher noch nicht kannten: immergrüne, satte Wälder säumen die tiefeingeschnittenen Täler. Es ist warm, es ist Spätsommer, es ist wunderbar! Wir baden in Flüssen, machen abends Lagerfeuer, sammeln kiloweise Brommbeeren und fühlen uns wie Mapuche-Indianer.

Patagonia sin represas! Im Vorbeifahren sehe ich ein Schild, welches mir sofort ins Auge sticht. Das Gesicht einer hübschen, jungen Frau ist darauf zu sehen. Doch das Gesicht ist durchschnitten von einer langen Narbe, die aus Stromleitungen und Strommasten besteht. "Patagonia sin represas!" - Patanonien ohne Staudämme! steht darunter. Diesen Slogan haben wir auf unserer Reise durch den Süden Chiles immer wieder gelesen. Ein Zusammenschluss verschiedener Verbände und Initiativen setzt sich - sehr professionell organisiert - gegen den Bau von Staudämmen in Patagonien und die damit einhergehenden massiven Eingriffe in die bisher fast unberührte Natur ein. Sofort müssen wir an die Bürgerinitiative bei uns zu Hause denken, die sich gegen den Bau eines Pumpspeicherkraftwerkes an der Schmalwassertalsperre ausspricht (www.schmalwasser-aktiv.de). Vielleicht (hoffentlich) kann man ja bald bei uns zu Hause den Slogan "Kein Energiespeicher am Rennsteig!" an jeder Hauswand lesen, ähnlich wie hier "Patagonia sin represas!" Der Naturschutz der eigenen Heimat scheint hier in Südchile eine Frage der Ehre zu sein.

(A.B.) Romantische Nacht am Strand Vor Patagonien hatten wir riesigen Respekt. Ehrfürchtig sind wir jeden Tag angegangen. Das Gebiet vor der Antarktis hat uns alle geprägt und jetzt sind wir "durch". Der Weg nach Norden, nach Santiago, dem Endpunkt der Reise ist anders. Wir unterhalten uns sehr viel, lassen uns treiben und haben das Gefühl unendlich viel Zeit zu haben. Kennt das jemand? Irgendwie wie grosse Sommerferien, die nie enden wollen.
Vor ein paar Wochen lernten wir Sergio kennen, der uns seine Adresse und eine Einladung nach Pucon gab. Es ist ein Ferienort am Vulkan Villarica und Ziel vieler Touristen. "Kommt, ich bin zuhause", sagt er uns nun erneut am Telefon. In seine Familie werden wir für 2 schöne Tage integriert, spüren den Luxus einer Waschmaschine und guten Gesprächen. Unser Spanisch hat sich von schlecht zu mäßig verbessert und wir ahnen immer besser, worum sich das Gespräch dreht. Smilla antwortet mittlerweile auf "Como estas?" korrekt und verblüfft die Neugierigen, die sie immer wieder fragen. Und wir fühlen uns nicht mehr als Fremde im Land. Nicht als Touristen im Vorbeiflug, ohne Zeit zu bleiben.
Sergio empfiehlt uns nach Santiago die Küstenroute zu nehmen. Vor 2 Jahren tobte hier zwar ein Tsunami, aber die Gegend ist wunderschön. Heute ist der 27. Februar, der 3. Jahrestag der Tragödie, über die im Fernsehen gerade berichtet wird. Die Bilder brennen sich tief in Wibke`s Unterbewusstsein ein. Für alle Fälle bekommen wir von Sergio 2 orangene Warnwesten geschenkt, wovon wir eine einem Bettler geben und eine sich Smilla unter den Nagel reißt.

Szenenwechsel: Mondnacht am Strand der besagten Küste. Wibke weckt mich schreiend aus dem Tiefschlaf. "Das Wasser kommt, lauf!" Sofort holt sie die kleine Selma aus dem Zelt. "Da ist kein Wasser!" antworte ich zum Meer schauend. Selma tappelt alleine zum warmen Schlafsack zurück. "Schnapp dir Smilla und lauf". Ich versuche Wibke`s Aufregung zu verstehen, bin aber zu müde und lege mich wieder auf´s Ohr.
Am Morgen nehmen wir uns vor, zukünftig auf Hügeln zu zelten, um unsere Schlafstörungen in den Griff zu bekommen.

Achtung Tempoverschärfung Heute sind wir in Santiago angekommen. Ganz ehrlich, es ist ein komisches Gefühl zu wissen, dass dieser Trip so gut wie zu Ende ist. Ich werde das Reisen mit 10 km/h vermissen. Am Morgen 4 klamme Schlafsäcke irgendwo rein stopfen, 4 Isomatten falten, 4 Müslischalen mit einer Hand voll Wasser aufwaschen, um ein paar Kilometer weiter alles wieder zu entfalten. Unsere Welt war einfach, eindeutig und klar. Vielleicht gerade weil wir wohl die langsamstem Radler unterm südlichen Ozonloch waren. Immerhin sind so über 4000 Kilometer auf dem Sattel zusammen gekommen. Es gab für uns nur die Richtung nach vorne. Dabei haben wir vier zusammen gelitten, geflucht, geheult und uns immer wieder zusammengerauft. Aber wir haben auch gejubelt, Tränen gelacht und geschlemmt. Und wir haben uns an der vollen Natur gelabt, sind dankbar für die Gastfreundschaft, die vielen schönen Begegnungen mit den unterschiedlichsten Leuten. Hoffentlich ist ein Tröpfchen südamerikanische Lebenslust in uns hineindiffundiert.
Wir haben einiges gelernt (besonders die 2 Jüngsten), viel Unnötiges vergessen aber auch so viel wie noch nie in so kurzer Zeit verloren. Selma liebt ihren Hänger besonders aufgeräumt. Wenn wir nicht hinschauen pfeffert sie jegliches an Ballast hinaus. Mit jedem materiellen Verlust sind wir leichter und damit auch besser vorwärts gekommen. Ein weiteres halbes Jahr on tour und wir könnten die Himalayapässe angehen. Diese Gedanken und Erinnerungen an eine intensive Lebenszeit nehme ich mit. Es ist ein gutes Gefühl. Und ich freue mich auf zuhause.

Viele Grüße von der anderen Seite der Welt! Selma, Smilla, Axel und Wibke.

PS. Schaut einmal am 22.03.13 ins Magazin der Süddeutschen Zeitung. Dort findet ihr ein Interview von uns, was unterwegs entstanden ist.


www.abenteuerkultur.de

➜___ Hängebrücke über den Rio Simpson, Chile | © Axel Bauer___✖

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